News
Kathrin Partelli ist die Gewinnerin des 2. Richard-Agreiter-Preises für Bildhauerei
Kathrin Partelli:
1980 in Bozen geboren, lebt und arbeitet in Bozen und München.
Ausbildung
2000-2002 Glasschule Vetroricerca Bozen
2003-2009 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München,bei Professor Norbert Prangenberg und Professor Hermann Pitz
2008-2010 Meisterschülerin bei Professor Hermann Pitz
2010 Diplom, 2. Richard-Agreiter-Preis für Bildhauerei
Ausstellungen
2004-2009 Jahresausstellungen, Akademie der Bildenden Künste München
2004 Polish your Image, Künstlerhaus Kempten, Kempten/DE
2 Zim., Kü., Bad, Glas, Kunstsammlung der Feste Coburg, DE
2005 Frangibile 02, Kulturzentrum Trevi, Bozen/IT
Italienisches Kulturinstitut, Prag/CZ
2006 Talente 2006, IHM München/DE
Ausstellung, Ernsting Stiftung, Coesfeld-Lette/DE
Internationaler Sculpturenwettbewerb, Glasmuseum Mava, Madrid/ES
2007 Vetro d‘artista, Palazzo Congressi, Madonna di Campiglio/IT
2008 European Glass Context ,Glass Museum Ebeltoft, Ebeltoft/DK
Aichacher Kunstpreis, Aichach/DE
2009 „Das wärs gewesen“, Akademie Galerie, München/DE
Raumfahrt der Bürokraten, Schalterhalle, Hauptbahnhof München/DE
ZEHNkampf Wand zu Wand, Platform3, München/DE
Offen 2009 Stadtisches Atelierhaus, München/DE
2010 Diplomausstellung, Akademie der Bildenden Künste München/DE
Meisterschüler 2010 ausgewählte Arbeiten, Galerie der Künstler, München/DE
Preise und Stipendien
2006 Internationaler Wettbewerb, IHM München
Internationaler Glasskulpturenwettbewerb Mava, Madrid/ES
2009 Stibet Stipendium des Daad
Wenn man kurz in die Sonne schaut und dann die Augen schließt, bleibt ein Nachbild übrig. Das ist eine teilweise mit dem Hell-Dunkel-Kontrast und mit Aufbau der Netzhaut physiologisch zu erklärende Illusion.
Das Nachbild eines Kunstwerks in der Ausstellung hat zugleich eine psychologische Komponente, die etwas mit dem Aufmerksamkeitsgrad des Betrachters zu tun hat. Man sieht allerdings wenig vom Nachbild, wenn man nicht darauf achtet. Bei zunehmender Aufmerksamkeit sieht man mehr.
Kathrin Partellis Kunst fordert solche Aufmerksamkeit. Dabei ist es normal, dass jedem Betrachter etwas anderes von ihrer Arbeit in Erinnerung bleiben wird. Es ist ganz so wie wenn man zu mehreren aus dem Kino kommt. Obwohl alle dieselben ca. 20 Bilder pro Sekunde über den gesamten Betrachtungszeitraum gesehen haben, hebt jeder etwas anderes hervor. Manche Bilder haben alle übersehen, andere blieben als Nachbild nur wenigen im Kopf.
Kunstwerke in der Ausstellung hinterlassen ein Nachbild, wenn sie leuchten oder wenn ein Kontrast in der Materialität gegeben ist. Kathrin Partelli arbeitet in ihrer Installation Eigentlich, 2010 mit dem Kontrast von minimalen Materialien. Sie erreicht einen Qualitätskontrast zu vergleichbaren Kunstwerken durch den ihr eigenen Stil. Es ist erstaunlich, wie viel uns von ihren Bildern in Erinnerung bleibt, obwohl wir nur kurz hingesehen haben – auch, wenn der Ausstellungsbesuch schon länger zurückliegen mag.
Es geht in ihrer Arbeit auch um die Frage, wie wenig Material eigentlich nötig ist, um ein bleibendes Nachbild zu erreichen. Sie erreicht so ein labiles Werk, das auch haltbar ist. Alle weiteren Bedeutungen sind, wie der Titel Eigentlich schon andeutet, vom Betrachter selbst in das Werk einzutragen.
Hermann Pitz, München
Die Arbeit von Kathrin Partelli
Ist das ein Wasserfall, der sich sanft gegen die Strömung ergießt? Oder ist das eine Lawine, die in aller Heftigkeit talwärts rollt? Oder ist das vielleicht ein Felsen, der stolz seine Ausmaße in der verwunschenen Landschaft ausbreitet? Das formal ungezwungene Werk von Kathrin Partelli (1980), der Gewinnerin des 2. Richard–Agreiter–Preises für Bildhauerei, ist ein Akt des Tagträumens, in dem die Skulptur zu einem Medium von ganz besonderer Kraft und Fülle wird. Durch die befreiende und emanzipatorische Geste der Ausweitung des Raumes, verhandelt die Künstlerin die Skulptur als eine displizinenübergreifende Collage zwischen räumlicher Grafik, Installation und architektonischer Konstruktion. „Eigentlich“ ist, wie eigentlich sein Titel schon sagt, Partellis Manifest der ontologischen Bedingung ihres Werks. An sich nicht näher bestimmt, bezeichnet es einen Prozess, einen Augenblick des gerade Definiert- und Artikuliert-Werdens, einen permanenten Zustand des Werdens. Die instabilen und fragilen Strukturen der Künstlerin sind organische Wesen, wandernde Volumina („Der Wanderer“ ist etwa der Titel einer ihrer anderen Skulpturen), die zum Einen die visionären und utopischen Architekturprojekte der 1960er-Jahre anklingen lassen und zum Anderen das Erbe der Minimal Art, oder gar die romantische Tradition des Erhabenen bei der Darstellung von Landschaften und Naturerscheinungen. Durch ihren Materialfetischismus und ihre Kurzlebigkeit zusammen mit ihrer Fragmentierung und struktureller Offenheit erwecken Kathrin Partellis Installationen und Skulpturen Assoziationen zum prekären Gestus etwa der Arbeiten von Robert Morris und Eva Hesse. Aus dünnen Holzbrettern sorgfältig gewirkt, von kleinen Steinchen und kaum sichtbaren Verknüpfungen getragen, sind die zerbrechlichen Habitate der Künstlerin intime Zufluchtsorte der Seele, beinah schattenhafte Erscheinungsformen solider doch imaginärer Innenstrukturen. Als scheinbar chaotische Baustellen des Selbst verweisen sie auf einen Augenblick des Zusammenbruchs und des Zweifels. Partellis antimonumentales Oeuvre ist die aufrichtige Mise-en-scène gegenwärtigen Niedergangs, Beleg für ein Scheitern. … Doch zur gleichen Zeit ist es auch ein verzweifelter Versuch, die Muster und Kanons der Moderne neu zu überdenken und wieder aufzubauen.
Adam Budak, Kurator