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Hör’, es isch Zeit... Glockenausstellung im Museum Ladin in St. Martin in Thurn

Hör’, es isch Zeit...din don, don don: So lautet der Titel der Glockenausstellung, die am 05. September 2008 um 18.00 Uhr im Museum Ladin Ćiastel de Tor eröffnet wird. Diese Ausstellung, die bis zum 31. Oktober zu sehen sein wird, schließt das diesjährige Veranstaltungsprogramm des Museums.

Wir alle wissen, was eine Glocke ist, wir alle kennen sie und haben auch schon das Läuten einer Glocke gehört. Was in Wirklichkeit dahinter steckt, wie facettenreich und komplex die Welt der Glocken ist, wie eine Glocke hergestellt und geläutet wird, welches das Metall ist, aus dem Glocken hergestellt werden und welche dessen Eigenschaften sind, das wissen die wenigsten. Die diesjährigen Veranstaltungen des Museum Ladin haben sich um den Stoff „Bronze“ in seinen verschiedenen Aspekten gedreht. Die anstehende Ausstellung über Glocken will nochmals die außerordentlichen Eigenschaften dieses Metalls aufarbeiten und zugleich einen Einblick gewähren in die faszinierende Welt der bronzenen Musikinstrumente. Dem Besucher sollen dabei einfache aber zugleich vollständige Antworten auf grundlegende Problempunke geboten werden.

Die Idee einer Glockenausstellung ist vom sogenannten cusé da Sacun – Kumpf von St. Jakob – ausgegangen. Mit diesem Namen nennen die Einwohner von St. Ulrich eine kleine längliche Glocke, die laut Überlieferung einst im Schloss Stetteneck gehangen hat und dann in die Kirche des Hl. Jakobs gebracht wurde, nachdem ein weidender Stier sie mit seinen Hörnern in den Pincanlöchern ausgegraben hätte. Geschichtlich belegt ist, wie „der Kumpf“ nach dem Ersten Weltkrieg in die Kriegergedächtniskapelle in St. Ulrich kam, wo er heute noch zu sehen ist. Aus der Glockeninschrift entnehmen wir, dass die Glocke von einem gewissen Meister Manfredinus gegossen wurde, der in der ersten Hälfte des XIV Jh.s tätig gewesen sein muss, wie wir aus einer Reihe von Indizien entnehmen. Die zuckerhutförmige Glocke der Kriegergedächtniskapelle, die vermutlich um 1300 gegossen wurde, zählt zu den ältesten unserer Provinz. Desselben Glockengießers ist erstaunlicherweise eine weitere Glocke in Südtirol belegt: Sie hängt und läutet heute noch als Sterbeglocke im Glockenturm der Pfarrkirche von Wengen im Gadertal. Durch weitere Recherchen konnten in Kroatien, besonders in Istrien mehrere Exemplare des Meisters Manfredinus nachgewiesen werden. Insgesamt ist es bisher gelungen, zehn Glocken dieses Meisters zu dokumentieren, sechs davon haben die Beschlagnahmungen zu Kriegszwecken während des Ersten Weltkrieges überlebt und sind heute noch erhalten. Abgesehen von den beiden Glocken in den ladinischen Tälern sind zwei Exemplare in Kroatien belegt, genauer, im Stadtmuseum von Pazin (Kroatien) und in der Kirche zur Hl. Luzia in Jurandvor auf der Insel Krk. Die größte und vielleicht schönste Glocke des Manfredinus wird in Verona im Museo di Castelvecchio aufbewahrt, die letzte „wiedergefundene“ Glocke läutet noch täglich in San Marco in Lamis in der Region Apulien. In der Ausstellung werden vier dieser Bronzeinstrumente ausgestellt sein: Zu sehen sind die Glocken von St. Ulrich, von Wengen, vom Stadtmuseum in Pasin und vom Museo di Castelvecchio in Verona. Die Ausstellung hat somit nationales Interesse, da es ein ungewöhnliches Glück ist, dass so viele Glocken eines vor 700 Jahren wirkenden Glockenmeisters noch erhalten sind und nebeneinander ausgestellt werden können.

Die Ausstellung sieht zwei recht unterschiedliche Sektionen vor. Ein Saal wird gänzlich Manfredinus und seinen Glocken gewidmet sein. Durch Studien konnte seine Werkstatt in Venedig nachgewiesen werden, wo der Glockengießer mit aller Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte des XIV Jh.s gearbeitet haben muss. Auf zwei der zehn Glocken finden wir das genaue Gussjahr: 1317 wurde die im Ersten Weltkrieg eingeschmolzene Manfredinusglocke in Sovinjak gegossen, die Jahreszahl 1321 lesen wir im Schriftband der Glocke in Verona, die von einem Mitglied der berühmten Familie della Scala in Auftrag gegeben wurde. Aufgrund historischer Übereinstimmungen kann eine weitere Glocke – jene von Jurandvor auf der Insel Krk – zwischen 1310 und 1330 datiert werden. Schriftliche Quellen, die in der Lagunenstadt Venedig aufbewahrt werden, weisen ebenfalls auf die selbe Zeit hin. Im Falle der „ladinischen“ Glocken, für die wir über keine direkten Angaben verfügen, kann eine ähnliche Datierung angenommen werden. Die im Rahmen der Ausstellung geplanten chemischen und metallographischen Analysen der Glockenbronze sowie computergestützte Klanganalysen der vier ausgestellten Objekte könnten uns bezüglich der Datierung weitern Aufschluss gewähren. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen und der historischen Recherche werden 2009 wissenschaftlich veröffentlicht.

Der zweite Saal hingegen setzt sich als Ziel, einen Gesamtüberblick über die vielfältige Welt der Glocken zu geben. Behandelt werden allgemeine Themen wie die Geschichte der Glocken von den Anfängen bis heute, der Glockenguss, der Ton und die Läutearten. Einen spezifischeren Charakter haben weitere Paneele, die über die Glocken in den Sagen, den im Hofe Bierjun gezeichneten „Glockenaufzug“, den Glockenstuhlbauer aus Longiarü Matì Clara, das Schicksal der Glocken im Krieg usw. Interessantes vermitteln werden.

Ein besonderes Anliegen war es, dem Besucher die Möglichkeit zu geben, selbst einmal Glocken verschiedener Größen und Arten läuten zu können und dabei den Klang nicht nur akustisch wahrzunehmen, also nicht nur zu hören, sondern auch zu „sehen“ und zu „spüren“.

Das Museum Ladin lädt alle Interessierten zur Eröffnung der Ausstellung am Freitag, dem 05. um 18.00 Uhr im Museum Ladin in St. Martin in Thurn ein. Die Ausstellung wird bis zum 31. Oktober, von Montag bis Samstag von 10.00-18.00 Uhr und sonntags von 14.00-18.00 Uhr offen bleiben.